Presseartikel und Fachartikel verfassen: Schreibe wie ein Journalist – Teil 4

Presseartikel und Fachartikel verfassen: Schreibe wie ein Journalist – Teil 4

In den letzten drei Teilen unserer Serie haben wir uns intensiv mit der Kunst der Pressemitteilung befasst – von der richtigen Struktur und dem passenden Stil bis hin zur Frage, wann und warum eine Pressemitteilung versendet werden sollte. Nun, da du weißt, wie du das „Werkzeug Pressemitteilung“ erfolgreich einsetzt, ist es an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen: Im vierten Teil werden wir uns mit dem Schreiben von Presseartikeln und Fachartikeln befassen und dir zeigen, wie du wie ein Journalist schreiben kannst, um deine Botschaften noch effektiver zu kommunizieren.

Die nächste Pressetext-Variante: deR Presseartikel

Du weißt nun aus den vorherigen Artikeln dieser Serie, wie du das „Werkzeug Pressemitteilung“ erfolgreich einsetzt. Zeit, dass wir uns die nächste Pressetext-Variante anschauen: den Presseartikel. Dieser wird nur selten von Presseagenturen oder Textern verfasst. Meist schreiben ihn die Redaktionen selbst.

Obwohl die Übergänge zwischen einer Pressemitteilung und einem Presseartikel fließend sind, gibt es eindeutige Unterschiede.

  1. Presseartikel geben die persönliche Meinung des Verfassers wieder.
  2. Sie dürfen ausschmücken und beurteilen, wo Pressemeldungen nur Fakten liefern sollen.
  3. Ihr Stil ist wesentlich flüssiger, individueller und oft auch gefälliger.
Grafik die zeigt was ein Presseartikel ausmacht.

Natürlich soll auch ein Presseartikel informieren und einordnen. Der „Infotainment-Aspekt“ ist hier aber wesentlich wichtiger. Schließlich möchte der Leser im Idealfall nicht nur Neues erfahren, sondern auch unterhalten werden. Für dich als Texter bedeutet das einen enormen Vorteil: Denn im Presseartikel kannst du deinen eigenen Stil und deine Kreativität voll ausleben.

Ob dein Text eine ungewöhnliche Headline hat, mit einem Zitat beginnt oder andere „Regeln“ bricht, ist dir überlassen. Wichtig ist nur, dass der Artikel gelesen und von der jeweiligen Zielgruppe für gut befunden wird. So ist ein Presseartikel in der BILD völlig anders formuliert als in der Süddeutschen Zeitung. Allein die Schlagzeilen: Als mit Benedikt XVI. ein deutscher Papst gewählt wurde, titelte die BILD „Wir sind Papst“, die TAZ „Oh Gott!“ und der SPIEGEL ungewohnt nüchtern: „Katholische Kirche – Joseph Ratzinger ist neuer Papst“.

Warum du Presseartikel schreiben solltest

Dass die Redaktionen oft dünn besetzt sind, haben wir ja bereits gesehen. Auch den Wert einer guten Pressemitteilung kennst du nun. Teilweise wollen Journalisten jedoch keinen nüchternen Bericht. Sie wollen Emotionen, Spannung und überraschende Erkenntnisse. Wenn du ihnen nun eine sachliche Presseinformation sendest, müssen die Redakteure den Text im Zweifelsfall also so umformulieren, dass ein unterhaltsamer Presseartikel entsteht. Diese Arbeit nimmst du ihnen besser ab. Mit einem hervorragenden Presseartikel bringst du eine Geschichte genauso in die Medien, wie du es für richtig hältst – ohne dass dabei Fakten verdreht werden.

 Betrachte jedes Medium individuell

Damit dir ein Presseartikel gelingt, musst du wissen, welche Texte mit welchem Schreibstil in dem Zielmedium deiner Wahl veröffentlicht werden. Nimm dir die Zeit und lies in Ruhe einige Texte aus der jeweiligen Zeitung oder dem Magazin. So bekommst du ein gutes Gefühl für die Vorlieben und Ansprüche der Redaktion. Schreibe deinen Presseartikel in einem ähnlichen Stil und stelle dir vor, du seist selbst Journalist in eben jener Redaktion. So ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Redaktion deinen Text nur minimal anpasst und anschließend veröffentlicht. Wenn dir das gelingt, freut es deinen Kunden und darf dich ruhig ein wenig stolz machen.

Presseartikel für Advertorials und Anzeigenmagazine

„Karriere & Ausbildung“, „Das Handwerk in Franken“ oder „Fit im Alter“ – sicher kennst auch du Beilagen mit diesen oder ähnlichen Titeln. Diese Heftchen sind mittlerweile eine Haupteinnahmequelle der Tageszeitungen. Hier können sich Unternehmen in einem redaktionellen Rahmen präsentieren. Das Design dieser Beilagen ähnelt bewusst dem der Zeitung. So wird der Eindruck erweckt, es handele sich um „knallhart“ recherchierte Artikel. Natürlich zeigt sich schon auf den ersten Blick, dass diese sogenannten Advertorials in Wirklichkeit gekaufte redaktionelle Beiträge sind, die wenig bis nichts mit dem eigentlichen Journalismus zu tun haben.

Gekaufte Beiträge für eine gezielte PR

Die Redaktionen legen hier die Latte für journalistische Standards gerne etwas niedriger und drücken selbst bei werblich getexteten Beiträgen gerne mal ein Auge zu. Wie schon gesagt, ist die Veröffentlichung nicht kostenlos. Je nach Medium, Thema und Auflage kann das Advertorial sehr teuer sein. Meist zahlt der Kunde gar nicht für den Artikel selbst, sondern er kauft eine Anzeige, die den Text begleitet. Als Texter hast du hier weitestgehend Narrenfreiheit. Du musst weder die Redaktion überzeugen noch strenge Vorgaben erfüllen – von der Länge des Beitrages einmal abgesehen.

Das Gleiche gilt für Pressetexte, die du an Anzeigenblätter versendest. Auch hier zahlt der Kunde vorab einen bestimmten Betrag für die Veröffentlichung oder die Schaltung einer Anzeige. Ab und an bieten Redaktionen, die für die Beilagen oder Anzeigenblätter verantwortlich sind, auch an, die Texte für dich oder deinen Kunden zu schreiben. Das ist ein Service, den Unternehmen gerne nutzen, die selbst keine Marketing-Abteilung haben oder keinen Texter beschäftigen.

Grafik die zeigt warum und was in einen effektiven Presseartikel oder Advertorial gehört.

Fachartikel: Schreiben für Insider

Ob IT, Maschinenbau, Landwirtschaft oder die Healthcare-Industrie: Jede Branche hat ihre eigenen Fachmagazine. Teilweise handelt es sich dabei um echte Nischenmagazine – Stichwort: Modelleisenbahn. Manchmal erreichen diese Medien, wie die AUTO BILD, Millionen Leser. Diese Zeitungen und Magazine veröffentlichen Berichte, die sich vor allem an Branchen-Insider richten. Oder an Menschen, die sich stark mit dem Wirtschaftszweig oder einem bestimmten Hobby identifizieren. Das bedeutet auch: Der Anspruch der Leserschaft ist enorm. Kleinere Ungereimtheiten oder Fehler fallen sofort auf und schmälern den Wert deines Beitrags – sofern dieser überhaupt die Qualitätskontrolle der Redaktionen übersteht.

Ein Beispiel aus der Praxis

Mit der Veröffentlichung eines Fachartikels wollen Unternehmen Expertise beweisen. Beispiele sind Anwenderberichte oder Artikel zu Best-Practice-Beispielen. Ein Beispiel: Dein Kunde, ein IT-Dienstleister, hat ein komplexes Projekt für die Verwaltung einer Stadt umgesetzt. Das Projekt lief über mehrere Monate und es mussten zahlreiche Herausforderungen bewältigt werden. Mitarbeiter der Verwaltung werden mit dem neuen System geschult und die Übertragung der Daten war kompliziert. Dank der intensiven Betreuung durch deinen Kunden, ging das Projekt trotzdem innerhalb der festgelegten Zeit sauber über die Bühne. Nun möchte dein Kunde, dass auch andere Gemeindeverwaltungen von diesem Projekt erfahren und einen Auftrag vergeben. Deine Aufgabe ist es nun, das Best-Practice-Beispiel in Form eines Fachartikels in die relevanten Medien zu bringen.

Werde zum Experten

Bevor du in die Tasten haust, beschäftige dich intensiv mit der Branche, dem Thema und der Zielgruppe. Das gilt vor allem dann, wenn du hier bisher keine Erfahrungen sammeln konntest. Einfach draufloszuschreiben ist hier nicht möglich – egal wie talentiert du bist. Mein Tipp: Erstelle einen detaillierten Fragenkatalog, den du deinem Kunden schickst. Die Antworten auf deine Fragen sind der rote Faden, an dem du dich während des Schreibens orientierst. So vermeidest du peinliche Fehler und Ungenauigkeiten.

Frage deinen Kunden, ob er den Fragebogen selbst ausfüllen will oder ob ihr die Fragen am Telefon gemeinsam durchgehen sollt. Viele Kunden schreiben nicht gern. Und im Gespräch bekommst du eher tiefergehende Antworten, weil du nachhaken kannst.

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Das Medium entscheidet über den Stil

Obwohl viele Fachbeiträge – ähnlich wie Pressemeldungen – sehr trocken sind, gibt es Ausnahmen. Fitnessmagazine zum Beispiel wollen den Leser eher unterhalten. Fachpublikationen zum Thema Gartenbau verlangen vielleicht nach einer guten Mischung aus harten Fakten und Emotionen. Besorge dir vorab also ein bis zwei Ausgaben des jeweiligen Magazins und entwickle ein Gespür für den redaktionellen Stil.

Verfeinere deinen Schreibstil: Tipps für das Verfassen guter Pressetexte

Gute Texte sind keine Geschmackssache

Ob Tageszeitung, Blog oder Fachpublikation: Selbst, wenn wohl jede Redaktion in Deutschland andere Ansprüche an einen Pressetext stellt – einen hervorragenden Text erkennt man daran, dass er bestimmte Kriterien erfüllt. Welche das sind, schauen wir uns jetzt an.

Checkliste für hervorragende Texte

Was Elvis für den Rock ˈnˈ Roll und Franz Beckenbauer für den Fußball waren, ist Wolf Schneider für gutes Deutsch. Eine Koryphäe, die neue Standards gesetzt hat und zahlreiche Autoren, Texter und Journalisten beeinflusst. Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Washington, Verlagsleiter des STERN, Chefredakteur der WELT und langjähriger Leiter der Hamburger Journalistenschule sind nur einige Höhepunkte aus seiner Biografie. Seine Bücher über die deutsche Sprache lege ich jedem ans Herz, der mit Schreiben sein Geld verdient. Die folgende Checkliste mit Empfehlungen von Wolf Schneider gilt für jeden Text – vom Liebesbrief über die E-Mail bis hin zum Fachartikel über Edelstahlschornsteine.

  • Hat dir dein Text gefallen, als du ihn laut vorgelesen hast?
  • Hast du sämtliche Tautologien gestrichen („weiße Schimmel“, „neu renoviert“)?
  • Besteht dein Text überwiegend aus Hauptsätzen? Hast du jedes Satzgebilde vermieden, das einen kurzen Hauptsatz in langen Nebensätzen ertränkt?
  • Ist im Satz etwas geschehen – neue Erkenntnis, Überraschung, Unterhaltungswert – ehe das Fallbeil des Punktes fällt?
  • Habe ich jedes Versprechen, das mein Text gibt, auch eingelöst?
  • Habe ich in meinem Text die simpelsten, also kürzesten Wörter gewählt und Fremdwörter so oft wie möglich vermieden?
  • Habe ich die exakteste Formulierung gewählt und hohle Wörter vermieden („Bereich“, „innovativ“ usw.)?
  • Folgt mein Text Schopenhauers Regel „Gebrauche gewöhnliche Wörter und sage ungewöhnliche Dinge“?
Grafische Zusammenfassung als Checkliste von Wolf Schneiders Regeln für gute Texte.

Wenn du deine Texte anhand dieser Checkliste überprüfst, hebst du dich positiv von der großen Masse der schreibenden Zunft ab. Deine Leser werden es dir danken!

Meine Tipps für das Schreiben

Natürlich ist diese Checkliste nutzlos, wenn du nichts zu Papier bringst. Selbst Profis passiert das ab und an. Deshalb ist mein bester Tipp: Nimm dir Zeit für deinen Text! Gerade wenn du unsicher bist oder über komplexe Themen schreibst, ist Ruhe für eine intensive Recherche und beim Schreiben wichtig. Achte darauf, dass alle Fakten korrekt sind, und überlege vorab, welche Botschaft mit dem Text kommuniziert werden soll. Wenn es möglich ist, solltest du für den Schreibprozess einen Ort wählen, an dem du dich wohlfühlst und nicht gestört wirst. Schließe die Tür, den E-Mail-Account und schalte dein Handy auf lautlos. Auch wenn du am Rechner schreibst, sind Stift und Papier ideal, um spontane Ideen oder Notizen festzuhalten.

Weitere hilfreiche Tipps:

  • Entspanne dich: Vermeide unnötigen Zeitdruck, indem du früh genug mit dem Schreiben beginnst.
  • Gliedere den Text: Gerade für längere oder komplexe Texte ist es sinnvoll, im Vorfeld eine Struktur zu erstellen. Dabei geht es nicht nur um eine gedankliche Gliederung: Nimm ein Blatt Papier und gliedere den Text mit Teilüberschriften und Stichpunkten. Gerne kannst du den einen oder anderen Satz vorformulieren. Wenn du den „Bauplan“ deines Textes vorliegen hast, fällt dir das Schreiben gleich viel leichter.
  • Stelle dir eine Uhr auf 45 Minuten: Arbeite in dieser Zeit nur am Text. Danach kannst du gerne eine kurze Pause einlegen und mit Tee oder etwas Bewegung entspannen. Diese Struktur behältst du bei, bis der Text fertig ist.
  • Mache genug Pausen: Lass den Text ruhig zwischendurch liegen und setze das Schreiben später mit neuer Energie fort.
  • Halte Ordnung: Ein aufgeräumter, sauberer Schreibtisch steigert die Kreativität und ordnet die Gedanken. Versuche es einmal. Du wirst dich wundern, wie effektiv diese einfache Maßnahme ist.

Fazit Presseartikel und Fachartikel

In diesem Artikel habe ich die wesentlichen Unterschiede zwischen Pressemitteilungen und Presseartikeln erläutert. Dabei habe ich gezeigt, wie entscheidend es ist, den Stil und die Ansprüche der jeweiligen Redaktion zu verstehen und den Text entsprechend anzupassen. Während Pressemitteilungen darauf abzielen, klare Fakten zu vermitteln, bieten Presseartikel die Möglichkeit, meinen eigenen Stil und meine Kreativität einzubringen. Egal, ob es sich um einen sachlichen Fachartikel oder einen emotionalen Presseartikel handelt – ich achte stets darauf, die Zielgruppe und das Medium im Blick zu behalten.

Es ist mir wichtig, dass jedes Medium seine eigenen Regeln und Erwartungen hat. Je besser ich diese verstehe und in meinen Texten umsetze, desto größer ist die Chance, dass mein Artikel nicht nur veröffentlicht wird, sondern auch die gewünschte Wirkung erzielt.

Im nächsten und letzten Teil dieser Serie werde ich mich einem entscheidenden Aspekt der Pressearbeit widmen: dem Aufbau und der Nutzung eines effektiven Presseverteilers sowie dem Monitoring meiner Pressearbeit. Ich werde erklären, wie ich sicherstelle, dass meine Pressetexte die richtigen Adressaten erreichen und wie ich den Erfolg meiner Veröffentlichungen im Blick behalte. Bleiben Sie dran!

*Gerne kannst du alle Grafiken in diesen Artikel nutzen unter Nennung der Afs-Akademie.org als Quelle.

Link zum ersten Teil dieser Serie – Pressemitteilungen schreiben: So bringst du deine Botschaften in die Medien – Teil 1

Link zum zweiten Teil dieser SerieDie Pressemitteilung als Instrument der PR – Teil 2

Link zum zweiten Teil dieser SerieStil und Form der Pressemitteilung – Teil 3